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Experte fordert Umgangsrechte für Großeltern
Scheiden sich Ehepartner, werden oft auch die Großeltern von ihren Enkeln getrennt. Ein Problem, das bei Sorgerechtsstreitigkeiten selten Beachtung findet. In einem Expertengespräch zum Thema „Trennung von den Großeltern durch Trennung der Eltern“ befasste sich die Kinderkommission (Kiko) am Mittwoch mit diesem Aspekt.
Der Gesetzgeber regelt die Rechte und Pflichten zwischen Großeltern und Enkeln nicht. „Im Regelfall wird das Verhältnis durch die Eltern moderiert“, erläuterte Christian Alt vom Deutschen Jugendinstitut. Einen Rechtanspruch auf Umgang gebe es nicht. Der Sachverständige stellte fest, dass mit der Abnahme traditioneller Familienmodelle die Mannigfaltigkeit der Generationenbeziehungen steige. Also nach Scheidung und Wiederverheiratung oder Trennung unverheirateter Paare die Anzahl der Großeltern die Anzahl der Enkel im Regelfall übersteigt. Durch neue Partnerschaften kämen auch neue Großeltern in die neuen Familienzusammenschlüsse dazu. „Es kann vorkommen, dass einem Kind bis zu acht Großeltern gegenüberstehen“, sagte Alt. Doch dieser Fall trete selten ein.
Der Wissenschaftler erklärte, dass in der Praxis oft nur „die Großeltern mütterlicherseits eine enge Beziehung zu ihren Enkeln pflegen, während das Verhältnis väterlicherseits oft verhalten ist“. Das liegt nach Ansicht Alts aber nicht an den Großeltern: „Der Antrieb ist da, den Kontakt zu halten.“ Doch es bedürfe einer Kultur des Umgangs, die sich die Eltern erarbeiten müssen, um mit den Konsequenzen einer Trennung umgehen zu lernen. Das gelinge jedoch nicht immer und führe schließlich zum Entzug familiärer Bindungen zu den Verwandten der Ex-Partner.
Aus diesem Grund sah Christian Alt eine Aufgabe der Politik darin, das Recht der Großeltern auf Umgang mit den Enkeln zu regeln. Als mögliches Vorbild nannte er die bereits in der Familienpolitik umgesetzte Stärkung der Umgangsrechte geschiedener Väter mit ihren Kindern gegenüber den Müttern.
Rita Boegershausen von der Bundesinitiative Großeltern sah eine Ursache des Entzugs der Enkel von ihren Großeltern darin begründet, dass die Kinder nicht im Mittelpunkt bei Scheidungsfragen stehen, sondern Mittel seien. „Die Begleitindustrie setzt sich nicht für die Interessen der Kinder ein“, kritisierte sie scharf und erläuterte, dass Gutachter, Anwälte und Richter nicht genügend zur Deeskalation von Streitigkeiten beitragen würden. Sie forderte die Schaffung eines Ombudsmannes, der schon frühzeitig eingreifen sollte, wenn heftiger Trennungsstreit vor Gericht zum Nachteil anderer Familienmitglieder das Zusammenleben verhindere. „Kinder haben ein Recht auf Mutter und Vater und sie haben ein Recht auf die gesamte Familie“, sagte Boegershausen.
Helga Krull vom Großelterndienst Berlin berichtete von der Vermittlung sogenannter Wunschgroßeltern. Ein Ausweg für Großeltern, die keinen Kontakt mehr zu ihren Enkeln haben. Rund 500 Freiwillige würden sich in Berlin in rund 600 Familien auf diese Weise circa 800 Kindern annehmen. „Sie können Zeit schenken und die Eltern profitieren davon“, sagte Krull. Bei dieser Form der Wunschgroßeltern-Wunschenkel-Beziehung stehe die Betreuungsfunktion im Mittelpunkt. Die Mütter würden davon profitieren, weil sie ohne diese konkrete Unterstützung oft keinen Beruf ausüben könnten.
Quelle: bundestag.de
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