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Freshmom - Eine Mutter öffnet Ihre Pandora's Box

Freshdads gibt es nicht ohne die dazugehörigen Freshmoms. Auf unserer Plattform lassen wir Väter und auch Mütter zu Wort kommen. Aus diesem Grund haben wir eine Mutter von zwei Kindern zum Interview gebeten, die uns nicht die x-te Wickelanleitung geben wird, dafür aber für uns ihre Pandora's Box öffnet und uns an ihrem bewegten Alltag teilhaben lässt. Sie wird für uns nicht nur ihre Wohnungstür, sondern auch hin und wieder die Schlafzimmertür einen Spalt aufmachen. Was bewegt sie, wie fühlt sie sich, was bringt sie an ihre Grenzen, wie schafft sie es, Familie und Beruf zu verbinden und auch noch ihr Singleleben auszuleben? Das sind nur einige der vielen Fragen, die uns interessieren und die sie uns zukünftig auf Freshdads in ihrer eigenen Kolumne "Freshmoms Pandora's Box" beantworten wird. Unsere Freshmom ist 31 Jahre alt, (fast) geschieden (seit Sommer 2011 getrennt) und Mutter von zwei Kindern im Alter von 6 und 4 Jahren. Sie lebt und arbeitet in München.  

Freshmom - Kolumne FD: Wie würden Sie sich charakterlich beschreiben? Was machen Sie beruflich?

Charakterlich werde und wurde ich von meiner Mutter am Liebsten als “Brauseköpfchen” beschrieben. Das bedeutet, dass ich einerseits bis Unterkante Unterlippe kreativ bin und andererseits aber auch mal ziemlich aufbrausend sein kann. Ansonsten würde ich sagen, bin ich eine Mischung aus einer abgedrehten 17 Jährigen und einer 40 Jährigen Hobbypsychologin. Das mag manch einer “innerlich zerrissen” nennen - ich nenne es “emotional flexibel”. Ebenso flexibel bin ich auch beruflich. Ich arbeite vor allem das, was mir Spaß macht. Ich bewege mich hauptsächlich durch´s Internet und meine größte Leidenschaft seit ich 18 bin, ist das Radio.

FD: Zukünftig werden Sie auf Freshdads.com Ihre eigene Kolumne „Freshmoms Pandora's Box“ schreiben. Auf was dürfen wir uns freuen?

Freshmom: Na eben auf alles, was in der Büchse so drin steckt: Die Plagen der Menschheit! Nein, im Ernst, ich möchte gerne aus meinem Alltag erzählen. Kinder, (Ex-)Mann, Beruf - die Meisten kennen den Balanceakt der hinter sowas steckt. Bei uns läuft alles immer ein bisschen unkonventioneller ab. Auch weil ich einfach nicht der Typ Tupperparty bin und so gar nicht in das klassische Mutterbild passen möchte. Statt ein Mal im Halbjahr “mit den Mädels auf ein Gläschen Prosecco” zu gehen, treffe ich mich lieber mindestens ein Mal die Woche mit Kumpels und Freundinnen auf ein paar Bier zu viel. In der Zeit sind die Kinder dann bei ihrem Papa und ich genieße den zweiten Teil meines Doppellebens: Jung und Single sein!

FD: Sie werden diese Kolumne mit dem Pseudonym Freshmom führen – hat es für Sie einen besonderen Reiz unter einem Pseudonym zu schreiben?

Freshmom: Einen sehr großen sogar. Ich kenne das noch von meinen Eltern: Nach außen hin präsentiert man gern ein perfektes Familienleben. Fragt man eine Familie, wie es ihnen denn so geht, heißt es immer: “Du, prima! Alles gut bei uns!” bestenfalls schläft das Neugeborene noch nicht ganz durch. Aber hahahaha daran gewöhnt man sich ja! Und das wird alles besser!

Hinter der Kulisse allerdings läuft es oft ganz anders ab. Wer war alles überrascht, als er erfuhr, dass sich “Teresa und Tom” [hier wahlweise ein Beispiel aus dem eigenen Freundeskreis einfügen] kürzlich getrennt haben? Niemand hat gemerkt, dass Teresa bereits seit über einem Jahr eine Affäre hatte. Dass Tom schon seit längerem den Zugang zu seinem Sohn verloren hat. Und dass die Kids massive Probleme in der Schule haben, was nicht an den Lehrern lag, sondern an ihrem Freizeitstreß.

Auch ich gebe ungern alles preis, was das Familienleben betrifft. Schlafzimmertüren bleiben eben normalerweise zu. Ich mach sie aber für Euch ausnahmsweise einen Spalt auf.

FD: Auch wenn wir von Ihnen nicht den richtigen Namen preisgeben, wollen wir über Sie mehr erfahren. Wie alt waren Sie als Ihre Kinder geboren wurden. Waren die Kinder geplant?

Freshmom: Ich bin - für deutsche Verhältnisse - recht früh Mutter geworden. Mit 23 stellte ich die erste Schwangerschaft mit meinem Sohn fest. Da war ich gerade sechs Wochen mit meinem neuen Freund zusammen. Eine Fernbeziehung - mal sehen wohin das führt. Und plötzlich war alles anders. Familienleben fast forward! Unnötig zu erwähnen, dass das nicht geplant war. Aber wir wollten uns beide darauf einlassen. Ich war in der Ausbildung und für mich stand mit dem rosa Strich auf dem Test fest: Ich bekomme ein Baby. Mal sehen, ob mit Vater oder ohne. Wir haben alles daran gesetzt, es funktionieren zu lassen. Mit Höhen und Tiefen, mit Galgenhumor und mit unserem Baby und unserer Zuneigung und dem Respekt füreinander. Es klappte erstaunlich gut. Als unser Sohn dann anderthalb Jahre alt war, begann der ganze Spaß nochmal von vorn. Ein (aus heutiger Sicht) glücklicher Zufall wollte, dass wir ein zweites Baby bekommen. Erstmal war das ein Schock, aber es dauerte nicht lange, da gewöhnten wir uns an den Gedanken eben bald eine vierköpfige Familie zu sein. Vater, Mutter, Sohn und Tochter. “Vierköpfig” klingt so nach Drache. Eigentlich kein schlechtes Beispiel. Jeder Kopf geht eben in eine andere Richtung. Genau so sind auch wir zuletzt in verschiedene Richtungen abgewandert und mussten feststellen, dass wir beide als Paar eben dauerhaft nicht so funktionieren, dass es uns glücklich gemacht hätte. Heute sind wir´s beide. Und können mit Stolz behaupten: Unsere Kinder auch.

FD: Wie sehen Sie sich in Ihrer Mutterrolle? Was sind Ihre Stärken und Schwächen? Wie ist Ihre Beziehung zu Ihren Kindern?

Freshmom: Es gibt gute Tage, es gibt schlechte Tage. Es gibt Tage, an denen bin ich “die beste Mami der Welt”, sagen die Kinder. Aber dann gibt es auch welche, an denen bin ich “sooooo doof!”. Ich bin auch nur ein Mensch. Nicht nur Mutter. Ich funktioniere nicht. Ich agiere und reagiere. Meine größten Stärken sind wohl meine Kreativität und der lockere Umgang mit den Kindern. Meine Schwächen: Oft bin ich nicht so konsequent, wie ich es gern wäre. Wenn ich das merke, werde ich auch mal laut. Und Ordnung. Mit der hab ich´s so gar nicht.

FD: Wie sehen Sie Ihren Exmann als Vater? Was sind seine Stärken und Schwächen? Wie ist die Beziehung zu seinen Kindern?

Freshmom: Mein Ex-Mann ist sehr geordnet und strukturiert. Er gibt den Kindern in jeder Hinsicht Halt. Ich kann behaupten, ich hätte mir keinen besseren Vater für die beiden aussuchen können. Er kann hervorragend mit ihnen rumblödeln und hervorragend mit ihnen schimpfen. Außerdem ist er besonders aufmerksam. Gibt es eine Verhaltensänderung bei einem der Kinder, bin nicht automatisch ich diejenige, die ihn darauf hinweist, er hat es selbst längst gemerkt. Dann überlegen wir gemeinsam, was der Grund sein kann, wo wir aufpassen müssen und wie wir die Situation verbessern können. Seine größte Schwäche: Er kann keine Luftballons aufpusten.

FD: Sie sind seit fast zwei Jahren von Ihrem Mann getrennt? Wie sah die Aufteilung der Kinderbetreuung vor ihrer Trennung aus (hat Ihr Exmann nach der Geburt der Kinder Elternzeit genommen) und wie wird es jetzt bei Ihnen gehandhabt?

Freshmom: Wir hatten es vorher relativ klassisch geregelt. Nach der Geburt blieb ich erstmal zuhause. Fast ein Jahr lang, dann übernahm er einige Monate Elternzeit und auch die Eingewöhnung in der Kinderkrippe. Ich konnte die Zeit nutzen, um wieder in meinen Job voll einzusteigen. Anschließend stieg ich auf Teilzeit um. Das hieß, morgens brachten entweder er oder ich die Kinder in die Krippe bzw. später Kindergarten, nachmittags holte ich sie ab. Was wir von Beginn an festgelegt hatten - und worum wir beide unheimlich froh waren: Jeder hatte mindestens einen Abend in der Woche komplett frei. Egal, was man dann machen wollte, man hatte seine Ruhe und mit all dem Rest nichts am Hut. Badewanne, Lesen auf dem Balkon, Ausgehen mit Freunden, Kino - was auch immer. Das klingt nicht nach viel, aber es ist wie eine Art Rettungsanker gewesen, wenn man mal drohte unterzugehen. Dann konnte man sagen: “Donnerstag. Donnerstag ist mein Abend. Egal was kommt, dann kann ich durchatmen.”

Noch am Abend unserer Trennung waren wir uns einig, wie wir künftig die “Aufteilung” handhaben wollten. Die Kinder sollten Montag bis Mittwoch Abend bei mir sein, um 18 Uhr holt er sie dann ab, bringt sie morgens in den Kindergarten, holt sie Nachmittags wieder. Freitag schließt unser Kindergarten etwas früher, also habe ich angeboten - nachdem das mit meinen Arbeitszeiten besser zu vereinbaren war - , dass ich sie dann wieder hole. Die Wochenenden haben wir bis heute nach dem Dreisatz aufgeteilt: Eins er, eins ich, eins geteilt (also einer den Samstag, einer den Sonntag). Übergabezeit ist immer 18 Uhr. Das hat hervorragend geklappt bis jetzt. Es klingt sehr strikt, aber wir konnten uns innerhalb dieser Regelung immernoch frei bewegen. Ausnahmesituationen gibt es immer. Jemand ist krank, jemand fährt in den Urlaub, was auch immer. Wenn man dabei aber immernoch respektvoll mit der Zeit des anderen umgeht, ist auch das kein Problem und es wird ausgeglichen. “An dem Wochenende musst du beruflich verreisen? Kein Problem, wir merken uns das und vielleicht kannst du mir dafür im Mai aushelfen, wenn ich auf dieses Festival fahren möchte.”

Jetzt hat sich meine berufliche Situation etwas verändert, weswegen ich freitags nicht mehr die Kinder abholen kann. Ein paar kleine Anpassungen und schon steht unser Plan neu. Organisatorisch waren wir schon immer einsame Spitze gemeinsam. Uns ist auch bewusst, dass wir flexibel reagieren müssen, auch was den Alltag und die Wünsche der Kinder angeht. Mein Ex-Mann stand auch schon bei uns um 18 Uhr vor der Tür und ging nochmal für eine Stunde, weil die Kinder gerade so schön mit ihren Freunden vorm Haus gespielt haben. Ein großer Vorteil ist, dass wir nur ein paar hundert Meter auseinander wohnen.

FD: Wie haben Sie die Obsorge zwischen Ihnen und Ihrem Exmann geregelt?

Freshmom: Wir haben, wie zuvor auch, das gemeinsame Sorgerecht. Er zahlt mir den Unterhalt für die Kinder und ich übernehme Kindergartenkosten und die “Ausstattung”. Wenn etwas Außerplanmäßiges anfällt, wie Fußball, Musikunterricht oder dergleichen, teilen wir uns die Kosten.

FD: Wie kommen Ihre Kinder damit klar, dass Mama und Papa nun nicht mehr zusammen wohnen?

Freshmom: Im Alltag sehr gut. Sie wissen wo der jeweils andere ist. Wie gesagt, wir wohnen nah beieinander, es wird keine Weltreise angetreten, wenn Übergabe ist. Niemand muss in ein Auto steigen, es werden keine Koffer gepackt. Maximal eine Tasche mit ein paar Lieblingsspielsachen und Matschhosen. Manchmal kommt die Frage: “Warum wohnt ihr nicht mehr zusammen?” oder “Es wär viel toller, wenn alle zusammen wohnen würden.” Sie sind zu klein, um zu verstehen, warum es nicht toller wäre. Wir verlegen uns darauf zu sagen, dass wir so glücklicher miteinander sind und uns besser verstehen. Und natürlich das Killerargument: Ey, ihr habt drei Kinderzimmer! (Zwei bei mir, eins bei ihm)

FD: Wie wichtig ist es für Sie, dass Ihre Kinder regelmäßigen Kontakt zu Ihrem Vater haben? (Warum ist Ihnen das wichtig? Was kann den Kindern ihr Vater mitgeben?) Können Sie andere Mütter verstehen, die nicht wollen, dass ihre Kinder Kontakt zum Vater haben?

Freshmom: Es ist mir ungemein wichtig. Ich selbst bin ohne meinen Vater aufgewachsen und habe ihn mein Leben lang vermisst. Das konnte auch kein Stiefvater auffangen. Im Gegenteil.
Was unsere Beziehung zueinander gekillt hat, war unsere Unterschiedlichkeit. Den Kindern kommt das aber total zugute. Sie bekommen das beste aus zwei Welten mit. Ihr Vater kann ihnen Ansätze und Möglichkeiten bieten, die ich nicht drauf habe. Bei Regenwetter durch den Wald spazieren, Stöcke sammeln und Bäume bestimmen - um Himmels Willen, nicht mit mir! Es regnet! Bei Sonnenschein vorm Haus mit dem Gartenschlauch rumspritzen und sich mit Malfarbe gegenseitig beschmieren - das steht sicher nicht auf der Hobbyliste meines Ex-Mannes.

Ich kann es bei anderen verstehen, wenn der Kontakt zwischen Vater und Kind so gar nicht funktioniert. Bei meiner Nachbarin beispielsweise kriegt der 9-jährige Sohn regelmäßig einen Anfall, wenn er zum Vater muss, der etwa alle zwei Wochen mal am Wochenende vorbeikommt, um ihn zu holen. Für den Kleinen bedeutet das: Er kann nicht zum Fußball, weil der Papa keinen Bock drauf hat, und er muss bei ihm und seiner Freundin im Wohnzimmer auf der Couch schlafen. Sowas ist doch Scheiße. Welche Mutter würde das für ihr Kind wollen? Leider lässt der Vater aber auch nicht mit sich reden, um die Situation zu optimieren. Er trägt der Mutter seines Sohnes immernoch die Trennung von vor sieben (!) Jahren nach. Und lässt es am Kind aus.

FD: Gibt es Erziehungsfragen, bei denen Sie sich mit Ihrem Exmann uneinig sind? Wie handhaben Sie diese bzw. wie viel Freiraum geben Sie Ihrem Exmann, wenn die Kinder bei ihm sind?

Freshmom: Nein. Wir waren und sind uns immer einig, was die Erziehung angeht. Ansonsten gehen wir nach dem Tempo der Kinder und reagieren auf den aktuellen Entwicklungsstand. Vor Kurzem kam die Frage auf, ob für unseren Sohn eine Montessori-Schule das Richtige wäre. Wir haben etwa zwei Stunden lang telefoniert und Argumente abgewogen. Hin und her überlegt, welche Vorteile und welche Nachteile er hätte. Am Ende trafen wir die gleiche Entscheidung. Wir haben großen Respekt vor der Meinung des jeweils anderen.

Wenn die Kinder bei ihrem Vater sind, halte ich mich raus. Diese Zeit geht mich nichts an und umgekehrt. Gut, wenn ich erfahren würde, dass sie dort von morgens bis abends nur fernsehen, dann würde ich auch mal nachhaken, was denn der Grund sein könnte. Aber ich weiß, dass das nicht der Fall ist.

FD: Würden Sie sich jetzt als alleinerziehende Mutter bezeichnen oder nicht? Mit welchen Hürden und Herausforderungen ist man als Mutter, die vom Kindesvater getrennt lebt, konfrontiert?

Freshmom: Ich bin alleinerziehende Teilzeitmutter. Wenn meine Kinder bei mir sind, bin ich alleinerziehend. Denn dann bin nur ich für die Erziehung zuständig. Die größte Herausforderung ist für mich die Verantwortung das auch alles finanziell zu stemmen. Einfach mal zwei Wochen mit 300 Euro Minus auf dem Konto rumlaufen, wie früher, ist halt nicht mehr. Hürden habe ich bisher keine erfahren zum Glück.

FD: Wie bringen Sie Beruf und Kinder unter einen Hut. Was hat sich für Sie diesbezüglich geändert, durch die Trennung?

Freshmom: Oh, ich habe durch die Trennung deutlich mehr Spielraum, was meine Arbeitszeiten angeht. Einen Tag, an dem ich komplett durcharbeiten kann, hatte ich früher beispielsweise nie. Es tut sehr gut und kommt auch gut an, wenn man als Mutter sagen kann “18 Uhr? Kein Problem, kann ich machen.” - “Klappt das denn mit deinen Kindern?” - “Klar. Die sind beim Papa. Ist mein freier Tag.”. Ich würde sowas ja auch Paaren empfehlen, ehrlich gesagt.

Ansonsten arbeite ich von zu hause aus. Das lässt sich sehr gut managen und kommt auch meinem Naturell sehr entgegen. Den ganzen Tag in einem Büro sitzen zu festen Arbeitszeiten, ist einfach nichts für mich. Ich mache, wenn ich kann und dann sehr ausdauernd und sehr gut.

FD: Laut einer aktuellen Studie ist Deutschland das kinderunfreundlichste Land in Europa. Wie sehen Sie das? Haben Sie Wünsche an Politik und Arbeitgeber zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit?

Freshmom: Ich habe mich damals bei der Geburt unseres ersten Kindes furchtbar aufgeregt. Damals gab es noch kein Elterngeld - dafür waren wir zwei Monate zu früh dran. Die staatliche Hilfe, die es damals gab, brachte uns nicht viel. Ungünstigerweise verdiente mein Freund damals sehr viel, als es wichtiger war, wenig zu verdienen. Dafür verdiente ich später sehr wenig, als man besser viel verdienen sollte. Ich hab aufgehört mich damit zu befassen.

Ich habe auch keinen Masterplan, wie die Politik das Problem angehen könnte. Und was Arbeitgeber betrifft: Nach meiner Erfahrung sind es manchmal weniger die Chefs, die Probleme machen würden, als vielmehr die Kollegen. Wenn ich früher zu meinem Chef ging und sagte, mein Kind hat Fieber, ich muss es aus dem Kindergarten holen, war das kein Problem für ihn. Ich habe dafür abends meine Sachen fertig erledigt daheim. Erst die Buchhaltungs-Trulla, die anschließend das Gerücht in die Welt setzte, ich sei ständig krank und unzuverlässig, machte schlechte Stimmung.

Viele Firmen sind auch zu verstaubt, um ein passendes Konzept zu kreieren. Beim Thema Home Office kriegen alle schon so nen Hals. Warum? Ich arbeite zehn Mal effektiver von zu hause aus. Und ich spare mir einen Haufen wichtige Arbeitszeit. Heute arbeite ich teilweise für eine Firma, die nicht mal einen festen Bürositz hat. Die Leute sind in Österreich und Deutschland verteilt. Wir skypen ständig, haben ein prima Betriebsklima und niemand sagt “Naaaa, schon wieder Kaffeepause?!”

FD: Welche Werte sind Ihnen bei der Erziehung Ihrer Kinder besonders wichtig?

Freshmom: Mir sind weniger Werte bei der Erziehung wichtig, als vielmehr das Ergebnis. Ich möchte, dass meine Kinder aufgeschlossen sind, dass sie Spaß haben, dass sie tun, was ihnen Spaß macht. Weil ich denke, dass sie vor allem dann zu Höchstleistungen fähig sind - wie jeder Mensch. Die große Kunst ist, herauszufinden, wie man das erreicht. Und auch damit umgehen zu können, wenn es mal nicht so klappt. Mein Sohn hat ein bisschen Schwierigkeiten das “sch” zu sprechen. Wir üben das, indem wir zu dritt um die Couch rennen und rufen “Schokolade! Schlawiner! Schtraße! Scheiße! Schimmel! Schlagzeug! Schaschlik!” usw. Ja, meine Kinder fluchen. Es ist mir nicht wichtig, dass sie mit Schimpfwörtern nicht in Kontakt kommen. Vermeiden kann ich´s nicht. Ich kann ihnen nur den richtigen Umgang damit beibringen.

Eine wunderbare Szene: Mein Sohn war etwa zwei und saß auf einem Spielplatz auf der Rutsche. Er hatte es zum ersten Mal ganz allein geschafft da hochzukommen und genoß den Moment einfach da zu sitzen und seinen Triumph auszukosten. Hinter ihm kamen zwei größere Jungs, die ihn immer wieder antrieben: “Jetzt mach schon! Rutsch halt! Na los!!” Irgendwann rutschte er tatsächlich entnervt nach unten, dreht sich um und rief: “Ich mach schon los!” er ging ein Stück weg, aber sein Ärger war noch nicht weg. Deshalb setzte er nach: “Dammnomal!”. Verdammt nochmal hat er von mir. Manchmal läuft´s einfach nicht. Verdammt nochmal. Ich war mit Tränen in den Augen die stolzeste Mutter auf diesem Spielplatz, weil mein Kind einen Konflikt verbal gelöst hatte. Er kam freudestrahlend und zufrieden auf mich zugelaufen.

FD: Ganz spontan, was war einer der schönsten Momente mit Ihren Kindern?

Freshmom: Zuletzt: Wir haben unsere knallrote Vespa jetzt im Frühjahr wieder zum Laufen gebracht. Ein Kind saß hinten, ein Kind vorn zwischen meinen Beinen und wir fuhren (ohne Helme) etwa zehn Runden über den Parkplatz hinter unserem Haus. Wind im Haar, Kinderlachen und -grölen - das ist mein Glück. Meine Schwiegereltern halten mich deshalb für die verantwortungsloseste Mutter dieser Welt. Aber es gibt so viele wunderbare Momente mit den Kindern.

Die schönsten ganz oft, wenn man nur ein Kind da hat und es erstens die volle Aufmerksamkeit genießt, das zweitens auch merkt und drittens komplett entspannt ist. Mein Ex-Mann und ich wollen solche Gelegenheiten jetzt häufiger in unseren Betreuungsplan einfließen lassen.

FD: Wir haben noch einige Begriffe vorbereitet und es wäre toll, wenn Sie uns ein kurzes Statement zu jedem Begriff geben würden.

Freshmom:

Kinder ... sind sagenhaft anstrengend. Und nicht alles auf der Welt.

Mutter sein ... ist unglaublich erfüllend. Und eine super Gelegenheit an der Bar zu kokettieren.

Geschiedene Eltern ... gibt es für mich nicht. Es gibt nur geschiedene Paare. Eltern bleibt man immer gemeinsam. Wer da nicht unterscheiden kann, hat leider wenig im Leben gecheckt.

Vorbilder ... überschätzt. Niemand ist so perfekt, dass man ihn nachahmen sollte. Viel besser ist es, sich aus vielen guten Eigenschaften von Menschen, die man toll findet, was mitzunehmen. Zum Beispiel nicht Charlie Sheen.

Gleichberechtigung ... puh, schwierig. Sollte möglich sein, aber kein Muss. Sollte nicht jeder einfach das tun können, was er am Liebsten tut und besonders gut kann? Warum muss ich aufpassen, dass meine Tochter nicht zu viel Küche spielt oder mit Puppen? Warum soll ich unbedingt arbeiten gehen gleich nach der Geburt, wenn´s mir total liegt zuhause mit dem Kind alles in Schuss zu bringen? Ich mag die Überschrift “Gleichberechtigung” nicht. Es klingt, als dürfte jemand etwas ganz Grundsätzliches nicht. Darüber sind wir aber ja hinaus, denke ich. Dabei sollte doch jeder im Kleinen mit dem Menschen an seiner Seite gemeinsam entscheiden: Was willst du, was will ich? Gut muss ich mich mit sowas in keiner Partnerschaft auseinandersetzen!

Wir danken für das interessante Interview und freuen uns zukünftig von Ihnen in Ihrer eigenen Kolumne "Freshoms Pandora's Box" auf Freshdads zu lesen.

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Freshmom ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 6 und 4 Jahren. Sie ist 31 Jahre alt, (fast) geschieden und lebt in München. Ihre Mutter bezeichnete sie als "Brauseköpfchen", Sie selbst würde sich als eine Mischung aus einer abgedrehten 17 Jährigen und einer 40 jährigen Hobbypsychologin beschreiben. In Ihrer Kolumne erzählt Sie aus Ihrem Alltag und Ihrem bewegten Leben. Sie wird für uns nicht nur die Wohnungstür, sondern auch hin- und wieder die Schlafzimmertür einen Spalt aufmachen. 

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