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Baby-DVDs sind pädagogisch wertlos
Wer einem Kleinkind durch Baby-Videos Wörter beizubringen versucht, tut dies vergeblich. Davor warnen Forscher der University of Virginia in der Zeitschrift "Psychological Science".
In einem Versuch konnten sie zeigen, dass Babys von den heute weit verbreiteten DVDs für ihre Altersgruppe nicht profitieren, obwohl die Produzenten der Videos mit derartigen Erfolgen werben. "Es gibt keinen Grund, warum jemand Kleinkindern Sprache über Videos vermitteln sollte", betont auch die Sprachwissenschaftlerin Christa Kieferle vom Staatsinstitut für Frühpädagogik IFP gegenüber pressetext.
Bildschirm bringt keinen Lerneffekt
Die Wissenschaftler um Judy S. de Loache untersuchten dazu ein Monat lang 96 Familien mit Kindern im Alter zwischen zwölf und 18 Monaten. Eine Gruppe der Babys sahen mehrmals pro Woche eine der in den USA meistverkauften Baby-Lern-DVDs - teils alleine, teils in Begleitung eines Elternteils. Eine zweite Gruppe der Babys wurde nicht vor den Bildschirm gesetzt, doch die Eltern sollten im Alltag versuchen, ihren Kindern die Wörter, die zum Lernziel der DVD gehörten, beizubringen. Vor und nach dem Test überprüften die Forscher, wie viele Wörter die Kinder aus dem DVD-Wortschatz beherrschten.
Eindeutig hatten am Ende jene Kinder am meisten dazugelernt, die nicht vor dem Bildschirm saßen und stattdessen von den Eltern belehrt wurden. Der Lerneffekt der DVD war äußerst gering, egal ob das Sehen in Begleitung oder ohne erfolgte. Interessanterweise erkannten die Eltern besonders dann einen Lernerfolg ihres Kindes, wenn sie die DVD selbst gerne sahen. Das erklärt laut den Studienautoren auch die Eltern-Testimonials, mit denen die DVDs beworben werden. "Wer seinem Kind Babyvideos zeigen will, soll es tun. Nur braucht man nicht erwarten, dass die Kinder viel daraus lernen", so de Loache.
Sprache braucht direkten Kontakt
"Der direkte Kontakt mit Eltern ist dem Bildschirm um einiges voraus", erklärt Christa Kieferle. Eltern nehmen die authentische Umgebung eines Kindes sowie dessen Bedürfnisse und Interessen wahr und reagieren darauf. Erst somit wird das Kind zum Teil der Unterhaltung. "Dieses Eingebundensein braucht ein Kleinkind für den Spracherwerb, jedoch auch die Lippenbewegungen, die Stimmung oder der Verlauf der Tonhöhe. Videos sind starr und befriedigen diese Bedürfnisse nicht. Vielmehr rauben sie den Kindern Zeit, in der sie mit anderen interagieren oder ihre Umwelt entdecken", so die Expertin.
Vor dem dritten Lebensjahr können Kinder noch gar nicht wahrnehmen, was am Bildschirm passiert. "Sie interessieren sich auch nicht für die gezeigten Inhalte, sondern höchstens für die Veränderungen am Schirm", betont Kieferle. Vorteile für den Wortschatz im späteren Alter bieten Videos am ehesten für Kinder, die eine Minderheitensprache sprechen, die sie andernfalls kaum zu hören bekommen. "Doch auch hier gilt, dass der direkte Dialog immer weit effektiver ist als der Bildschirm", erklärt die Münchner Sprachexpertin.
Quelle: pte; Abstract Studie
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