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Du und ich – geschwisterlich
Die Beziehung zwischen Geschwistern ist einzigartig und kompliziert. Manche kleben zusammen wie Kletten. Andere stoßen sich mit Nachdruck ab. Was haben die Eltern eigentlich mit dieser Beziehung zu schaffen?
Wenn aus einem Paar mit Kind eine vierköpfige Familie wird, ändert sich eigentlich so ziemlich alles. Ihre geballte Aufmerksamkeit richtet sich nicht länger auf ihren einen, kleinen Liebling. Stattdessen verläuft sie sich in vielen alltäglichen Kleinigkeiten und Belastungen. Wahrscheinlich gehen Sie mit ihrem zweiten nicht mehr zum Babyturnen oder nehmen es ganz entspannt auf Geburtstagsfeiern von Freunden mit, weil es immer prima in seinem Kinderwagen schläft. Sie werden auch nicht mehr von jeder Lebenslage ihres Kindes Fotos machen können, weil Sie viel zu beschäftigt damit sein werden, ihr Familienleben zu organisieren.
Machen Sie sich nichts daraus, es hat auch seine Vorteile. Man macht sich nicht mehr so einen Kopf um jede Kleinigkeit. Darf mein Kind auf dem Bauch schlafen? Wie oft sollte ich mit ihm raus? Muss ich wegen des Schnupfens schon zum Arzt? Was einem beim ersten Kind an Erfahrung fehlt, hat man noch an Kraft und Geduld. Das ist beim zweiten genau andersherum.
Sie werden haufenweise Nerven verlieren, aber auch etwas hinzugewinnen: In Ihrer Familie werden zwei Personen eine Beziehung miteinander führen, die mit Ihnen nur am Rande zu tun hat. Klar hat auch Ihr Partner/Ihre Partnerin eine eigene Beziehung mit Ihrem Kind, aber Sie sind beide die Eltern. Die Beziehung ist Ihrer ähnlich weil elterlich. Sie können sich als Paar und als Eltern darüber austauschen und gegebenenfalls Ihr Auftreten und Handeln dem Kind gegenüber verändern. Die Geschwisterbeziehung hingegen ist etwas Eigenes, etwas Unkontrollierbares. Sie werden beiden Kindern nicht vorschreiben können, wie sie zueinander stehen und wie sie sich verhalten. Aber es gibt einige Tricks, mit denen Sie ihnen erleichtern können, eine liebevolle und positive Beziehung miteinander zu führen. Zwar wird in dieser auch gelegentlich geschrien und möglicherweise auch gerauft, aber das Grundgefühl ist ein geschwisterliches – im besten Sinn.
1. Nehmen Sie Ihre Kinder nicht nur als Geschwister war. Versuchen Sie Termine zu ermöglichen, in denen Sie sich als Eltern oder alleine nur mit einem Kind beschäftigen.
2. Auch wenn es sehr verführerisch ist, das zweite Kind einfach mitlaufen zu lassen – beim Fernsehen, Lesen oder länger Aufbleiben. Schaffen Sie Altersabstände. Selbst wenn Ihr älteres Kind nur 10 Minuten später ins Bett geht als das jüngere. Auf den Unterschied kommt es an. Versuchen Sie Ihre Kinder gleichberechtigt aber altersgemäß zu erziehen.
3. Lassen Sie es zu, dass sich Ihre Kinder erfolgreich gegen Sie verbünden und gemeinsam Blödsinn aushecken. Das verbindet viel mehr, als sich gemeinsam an die Regeln zu halten. Wenn Sie einem Kind beispielsweise den Nachtisch streichen mussten (falls solche Maßnahmen zu Ihrer Erziehung gehören), geben Sie beiden die Möglichkeit, sich den Nachtisch des anderen zu teilen.
4. Sorgen sie dafür, dass ihr Kind bis es in die Schule kommt (oder wenn nötig darüber hinaus) am Geburtstag des Geschwisterkindes auch ein kleines Geschenk bekommt. Kinder halten sich für den Mittelpunkt der Welt. Wir geben ihnen schließlich dieses Gefühl. Am Geburtstag der Schwester oder des Bruders überhaupt nicht im Mittelpunkt zu stehen ist daher nur schwer auszuhalten und zieht oft partyzerstörerische Maßnahmen nach sich.
Ein Kind zu haben, ist definitiv ein Abenteuer. Zwei Kinder zu haben ist eine Abenteuergeschichte, in denen ganze Kapitel nicht von Ihnen geschrieben werden. Das ist zwar beängstigend aber zugleich auch unheimlich spannend. Voller Geheimnisse, Streitigkeiten und Geschwistersachen. So soll es sein.
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Über den Autor: Nils Pickert ist gebürtiger (Ost-)Berliner, lebt und arbeitet als freier Autor und Texter in Süddeutschland. Er ist passionierter Koch und Vater zweier Kinder.
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