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Prävention vor sexuellem Missbrauch

Zurzeit das heiße Thema in den Medien, das viele Menschen schockiert und aufrüttelt. Es sollte uns klar sein, dass Missbrauch, unabhängig davon, ob es medial thematisiert wird, immer Aktualität hat.

Es ist nicht ausreichend, Kinder mit den Worten "Steig' niemals zu Fremden in ein Auto“, „Geh‘ mit keinen Fremden mit“, „Nimm keine Geschenke von Fremden“, „Sei vor der Dunkelheit zuhause“ etc. vor möglichen Gefahren zu warnen. Die meisten Kinder wachsen mit solchen oder ähnlichen Warnungen auf. Doch diese herkömmliche Prävention gibt falsche Informationen und keine Sicherheit. Solche Informationen führen meist zu Vermeidungsverhalten, Einschränkung der Selbstständigkeit, Verstärkung der Abhängigkeit von den Eltern und Verängstigung. Gerade fehlinformierte, angepasste, abhängige und unsichere Kinder sind ideale Opfer.

Wie können Eltern nun ihre Kinder am besten schützen? Sinnvolle Prävention versucht Kinder stark zu machen, ihre Unabhängigkeit aufzubauen und sie darauf vorzubereiten, gefährliche Situationen richtig einzuschätzen und sexuelle Übergriffe zu erkennen und sich dagegen zu wehren. Eltern sollen versuchen, ihr Kind so stark zu machen, dass es sich selbst schützen kann. Einfacher gesagt als getan, aber Eltern sollten es zumindest so gut wie möglich versuchen. Kontraproduktiv ist es, wenn Prävention Angst macht, denn Angst erzeugt Schwäche und lähmt. Wenn ein Kind sich ohnmächtig und hilflos fühlt, entsteht Angst. Die Aufgabe der Eltern ist es, ihrem Kind das Wissen um ihre eigene Stärke und Handlungsmöglichkeiten zu vermitteln.

Ein empfehlenswerte Buch für Eltern ist: „Ohne falsche Scham. Wie sie Ihr Kind vor sexuellem Missbrauch schützen können“ von Adams & Fay (1989). Sie geben auch eine kindgerechte Definition von sexuellem Missbrauch: „Sexueller Missbrauch ist das, wenn dich jemand berührt oder dazu bringt, ihn zu berühren, und dich damit ganz durcheinanderbringt oder wenn du die Berührung vielleicht gar nicht gewollt hast. Vielleicht versucht jemand, dich gegen deinen Willen an der Scheide zu berühren oder dich gegen deinen Willen dazu zu bringen, seinen Penis zu berühren“.

Sinnvolle Prävention ist keine punktuelle Warnung, sondern eine Erziehungshaltung, das auf lange Dauer wirkt und das Kind schützt, in dem es das Kind bestmöglich vorbereitet sich zu schützen und ihm Handlungsmöglichkeiten aufzeigt.

E. Fey (1988), beschreibt fünf Themenbereiche, die man als Eltern bei der präventiven Erziehung berücksichtigen soll:

- „Mein Körper gehört mir“: Der eigene Körper ist wertvoll, jedes Kind hat das Recht, ihn zu schützen.
- Es zählt die Intuition des Kindes: „Ich kann mich auf meine Gefühle verlassen“, die eigenen Gefühle des Kindes gelten als Maßstab.
- Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ sowie „merkwürdigen“ Berührungen: Eltern müssen ihren Kindern diese Unterscheidung beibringen und sich gegen schlechte und merkwürdige Berührungen zu wehren.
- „Nein-sagen“: Kinder dürfen und müssen in bestimmten Situationen Grenzen ziehen und Nein zu den Wünschen oder Forderungen Erwachsener sagen. Eltern müssen ihren Kindern die Erlaubnis geben, nicht zu gehorchen und sich zu wehren.
- Unterscheidung zwischen guten, schlechten und beängstigenden Geheimnissen: Eltern müssen ihren Kindern diesen Unterschied erklären und ihnen auch Handlungsmöglichkeiten im Falle „seltsamer“ Geheimnisse geben. Wenn das Kind nicht mit den Eltern darüber sprechen möchte, kann es diese Geheimnisse auch anderen Vertrauenspersonen anvertrauen (Lehrern, Freunden, Hotlines, etc.).

Trotzdem sollten Eltern in der Prävention vermeiden gewaltsame sexuelle Übergriffe direkt anzusprechen. Denn sonst geht man die Gefahr ein, dass das Kind Sexualität und Gewalt miteinander verbindet und somit ein negatives Verständnis von Sexualität entwickelt. Kurz erwähnen wir auch, dass ein Kind mit der Selbstverständlichkeit aufwachsen soll, dass es jederzeit, wenn es etwas nicht versteht oder ein Problem hat, damit zu den Eltern kommen kann und dort auch Gehör findet und von den Eltern ernst genommen wird.

Buchtipps und Quellen:
Adams, C. & Fay, J. (1989). Ohne falsche Scham. Wie Sie Ihr Kind vor sexuellem Missbrauch schützen können. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Fey, E. (1988). Von unabhängigen Müttern, starken Kindern, dem Sinn des Ungehorsams und sozialen Netzen . In Kazis, K. (Hrsg.), Dem Schweigen ein Ende. Sexuelle Ausbeutung von Kindern in der Familie. Basel.
 

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