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Work work - work it all out
Viele denken, wenn man erstmal eine alleinerziehende Freshmom ist, kann man überhaupt nicht mehr arbeiten. Das ist ein Gerücht! Alles, was es braucht, ist ein funktionierender Betreuungsplan mit dem Vater der Kinder - und ein paar sehr flexible Freundinnen und Einstellungen im Leben.
Bei mir ist nach der Trennung glücklichweise der lobenswerte Fall eingetreten, dass der Vater meiner Kinder sich bereitwillig zu großen Teilen ebenfalls um seine Kinderschar kümmern wollte und wir einen, für uns vier, idealen Betreuungsplan über die Woche verteilt aushandeln konnten. Das gibt mir die ideal verfügbare Zeit, um karrieretechnisch endlich durchstarten zu können. Die Möglichkeit hätte ich im Falle einer funktionierenden Ehe zwischen uns niemals auf die Art gehabt.
Ich bin also eine selbständige, alleinerziehende Freshmom mit drei Jobs und zwei Kindern. Klingt stressig, ist aber meistens ganz entspannt, weil ich fast alles von zu hause aus machen kann. Und selbst wenn eins der Kinder mal krank im Bett bleiben muss für zwei Tage, geht meine Welt nicht unter, weil ich weiß: Danach darf es bei Papa auf der Couch lümmeln und sich auskurieren und ich die verpasste Woche ganztägig, wie ich lustig bin, aufarbeiten.
Der einzige Tag, der künftig aus der Reihe tanzen wird, ist der Freitag. Ich habe das sagenhafte Angebot bekommen eine Radiosendung zu moderieren. Von 19 bis 21 Uhr muss ich dazu an diesem Tag im Studio stehen. Davor erarbeite ich mit dem zuständigen Redakteur die Themen und Moderation ab 13 Uhr nachmittags. Der Vater der Kinder war sehr entgegenkommend. Wir konnten unseren ausgeklügelten Betreuungsplan anpassen und derart perfektionieren, dass nun nicht mehr ich freitags um 16 Uhr am Kindergarten stehen musste, sondern er das übernimmt. Einzige Ausnahme: Wenn er im Urlaub ist. Was selbstverständlich gleich mal am Pfingstwochenende der Fall sein sollte. Aber kein Problem: Ein Babysitter sollte ausgleichen, die Kids abholen, ins mütterliche Zuhause führen, draußen im Sonnenschein spielen lassen, sie mit liebevoll belegten Abendbroten versorgen und schließlich mit einer Gute Nacht Geschichte gegen 20 Uhr ins Bett bringen. So der Plan. Bis 14:34 Uhr, als mein Handy klingelte und mich die Botschaft ereilte, dass der Babysitter leider wegen Krankheit ausfiel.
Eine alleinerziehende Freshmom ist NICHTS ohne ihr Freundesnetzwerk - das ist eine generelle Regel, die ich mal aufstellen möchte. Überhaupt plädiere ich stark für ein großräumiges Geben und Nehmen und keinesfalls Verschließen der familiären Türen. Kaum andere Menschen sind generöser, als Mütter. Wieso sollte der Freundeskreis davon nicht profitieren? Und dafür ebenfalls zu Menschen werden, die zu jeder Zeit einspringen, wenn´s mal eng wird.
Freundin Nr. 1 hüpfte also, nach kurzem Informationsaustausch per Telefon, am Freitag Nachmittag in ihr Auto und fuhr zu einer nahegelegenen U-Bahn Station, wo Freundin 2 aus dem Schacht gesprungen kam, um meinen Ersatzschlüssel zu übergeben - ihre eigene Arbeit und Büro niederlegend und zurücklassend. Freundin 1 daraufhin raste zum Kindergarten, sammelte dort die verdutzten Kinder auf und geleitete sie sicher nach Hause, wo sie sich weigerten ins Haus zu gehen, sondern stattdessen lieber draußen im Regen spielten. Das täten sie immer. Auch Hunger hätten sie keinen. Gegen sechs Uhr abends löste Freundin 2 die Freundin 1 ab und übernahm die nasse Kinderschar, die jetzt doch langsam nach Futter verlangte. Es wurde kurzerhand Pizza bestellt, während Freundin 2 schonmal Badewasser für das bibbernde, verdreckte Pack einließ.
Gegen 21:30 Uhr bog ein Taxi mit auf High-Speed gestellten Scheibenwischern in unsere Einfahrt. Im Licht der Scheinwerfer blitzten nacheinander auf der Straße verstreute Kinderfahrräder verschiedener Größen auf, in einem bunten Arrangement gemeinsam mit Sandkastenplastiken, Regenschirmen, einer kleinen Rutschbahn, einem Sandkastendeckel, … you get the point. Ich stieg aus, bezahlte dem Mann am Steuer ein horrendes Fahrgeld für seine außergewöhnlich verkehrswidrige Fahrleistung eben und betrat die Wohnung.
Zwei Shampooköpfchen grinsten aus der Wanne im Bad in meine Richtung, in je einer matschigen Hand ein tropfendes Stieleis. Auf dem Waschbeckenrand daneben stand eine Flasche Bier, Freundin 2 lehnte erschöpft mit geschlossenen Augen auf dem Klodeckel sitzend an der Wand.
Alles gut gegangen. Nicht perfekt. Aber wunderbar, denke ich, als ich mich jetzt, eineinhalb Stunden später auf die Couch werfe und nach einem übriggebliebenen Pizzastück greife.
Ich lese die letzte Whatsapp Nachricht meiner Freundin 2: “Vorsicht! Die Thunfischpizza ist sauscharf!”
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Freshmom ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 6 und 4 Jahren. Sie ist 31 Jahre alt, (fast) geschieden und lebt in München. Ihre Mutter bezeichnete sie als "Brauseköpfchen", Sie selbst würde sich als eine Mischung aus einer abgedrehten 17 Jährigen und einer 40 jährigen Hobbypsychologin beschreiben. In Ihrer Kolumne erzählt Sie aus Ihrem Alltag und Ihrem bewegten Leben. Sie wird für uns nicht nur die Wohnungstür, sondern auch hin- und wieder die Schlafzimmertür einen Spalt aufmachen.
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