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Österreich: Ein Kind ist kein Schadensfall, Bioethikkommission lehnt Aufweichung der Arzthaftung ab

Die Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt hat in ihrer Sitzung vom 10. Jänner 2011 den Entwurf des Schadenersatzrechts-Änderungsgesetzes 2011 von Frau Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner diskutiert.

Der Entwurf schlägt folgende Ergänzung des Schadenersatzrechts vor: "Aus dem Umstand der Geburt eines Kindes kann niemand Schadenersatzansprüche geltend machen. Ausgenommen davon sind Schadenersatzansprüche aus einer Verletzung des Kindes während der Schwangerschaft oder der Geburt."

Die Bioethikkommission ist einstimmig zu folgendem Schluss gekommen:

Die der Debatte zugrunde liegenden divergierenden Urteile des OGH machen unmissverständlich klar, dass die Existenz eines Kindes nicht als Schaden zu qualifizieren ist. Allerdings kann der aus der Unterhaltspflicht der Eltern erwachsende Vermögensnachteil als Schaden einzustufen sein.

Die vorgeschlagene Änderung des Schadenersatzrechts entlässt eine Gruppe von Fachärzten punktuell aus der Arzthaftung. Das wäre sachlich nicht zu rechtfertigen und daher gleichheitswidrig. Überdies würde diese Haftungsfreistellung die ärztlichen Sorgfalts- und Aufklärungspflichten im Bereich der Pränataldiagnostik zu "Pflichten zweiter Klasse" degradieren. Das ließe einen grundlegenden Vertrauensverlust in der Arzt-Patienten-Beziehung befürchten.

Die Bioethikkommission lehnt diesen Gesetzesvorschlag daher aus verfassungsrechtlichen, ethischen und rechtspolitischen Gründen ab und erinnert in diesem Zusammenhang an ihren Beschluss vom 18. April 2007: Thesen zur Debatte „Kind als Schaden“ aus Anlass divergierender Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes.

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