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Nasenbluten

Hoher Blutdruck, Streit mit anderen Kindern, Nießen oder doch nur bloßes Popeln und schon blutet die Nase! Was kann man tun? Was sollte man unbedingt vermeiden?

Nasenbluten - was hilft?

Vor meiner Sommerpause möchte ich noch einen Erste-Hilfe-Klassiker versorgt wissen, bei dem viele Leute das Problem haben mit tausenden von Meinungen konfrontiert zu sein und deswegen gerne dazu neigen Fehler zu begehen – heute räumen wir damit auf!

Doch zunächst wäre zu klären, ob es wirklich immer daran liegt, dass der Finger in der Nase steckte. Dem ist häufig nämlich nicht so. Gerade kleine Kinder haben als Ursache für das Nasenbluten einen völlig anderen Grund: Ihr Wachstum.

Niemand kann es bestreiten: Gerade in den ersten Lebensjahren wachsen unsere Kleinen wie Unkraut. Und was braucht ein größerer Körper um ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt zu werden? - Richtig! Mehr Blut.

Wo mehr Blut gebraucht wird, müssen auch größere Leitungsbahnen vorhanden sein, also mehr oder längere Gefäße. Die entstehen oder verlängern sich aber nicht einfach so aus dem Nix, sondern werden zu Beginn stark gedehnt. Diese starke Dehnung führt dazu, dass unsere Venen und Arterien sehr dünnwandig werden und wenn jetzt auch noch ausreichend Druck auf das Gefäß ausgeübt wird, weil man sich zum Beispiel körperlich anstrengt und der Blutdruck automatisch in die Höhe geht, weil das Herz dann kräftiger schlägt, kann es ganz schnell passieren, dass das Gefäß nachgibt, also aufplatzt und es zum Nasenbluten kommt. Damit Sie sich den Prozess bildlich besser vorstellen können: Denken Sie an einen Ballon, den Sie mit Wasser füllen. Er wird mit zunehmendem Wasservolumen immer größer, aber auch immer dünnwandiger. Wenn jetzt von innen oder außen weiter und vor allem schnell Druck ausgeübt wird, wird der Ballon aufplatzen – nicht anders sieht es in ihren und den Gefäßen Ihres Kindes aus.

Auch ein heftiger Nießer, wenn nicht das Bruderherz gerade herzhaft zugelangt hat, weil man das falsche Spielzeugauto in die Hand genommen hat (kindliche Reaktionen kann man leider nie im Voraus berechnen), kann dann Schuld daran sein, dass es aus der Nase blutet. In Zukunft also nicht immer gleich losschimpfen, denn Sie wissen jetzt, dass auch andere Gründe außerhalb des Popelns in der Nase zu kaputten Blutgefäßen in selbiger führen können.

Aber was sollte man jetzt genau tun, wenn es blutet? Kopf nach vorn? Kopf nach hinten? Nase zudrücken oder lieber doch nicht? Blut runterschlucken oder ausspucken? Tamponaden?

Seien Sie ehrlich! Wenn uns mal unerwartet Blut aus der Nase rinnt, was machen wir? Die meisten haben jetzt sicherlich das Bild von sich mit einem eingedrehten Taschentuch in der Nase vor dem Auge, oder? – Und ja, ich bin ehrlich genug: Ich bin selber nicht besser. Aber ich weiß, dass diese Lösung mehr als suboptimal ist. Warum? – Weil ich mit jedem Material das ich einführe immer die Gefahr mitbringe die eigentliche Verletzung zu vergrößern, indem ich an offenem Gewebe Reibung erzeuge, und Sie somit zu verschlimmern. Außerdem haben Tampons, Taschentücher, Toilettenpapier und ähnliches die blöde Eigenschaft saugend zu sein und somit eine Blutung eher zu fördern als zu stillen. Somit Hände weg von Tamponaden!

Den Kopf sollte man nach vorne beugen, nicht nach hinten, so wie man es uns Jahre lang weiß machen wollte. Wenn ich den Kopf nach vorne beuge, kann das Blut nämlich nicht so einfach über meinen Rachen in die Speiseröhre gelangen und von dort weiter in meinen Magen fließen. Blut und Magensäure vertragen sich nämlich nicht wirklich gut: Bereits einige cl Blut im Magen reichen aus um, in Verbindung mit Magensäure, Hämatin entstehen zu lassen, was der Körper an sich nicht verträgt und versucht dieses mittels von Erbrechen loszuwerden.

Damit hätten wir auch direkt den Punkt geklärt, ob man das Blut runterschlucken oder lieber ausspucken sollte: Ausspucken ist die Devise, damit es eben nicht zu der oben genannten Reaktion kommen kann.

Der nach vorne gebeugte Kopf hat noch einen weiteren Vorteil, den er mit sich bringt: Man kann wunderbar etwas Kühles in den Nacken legen. Ein kaltes und feuchtes Tuch, die eingewickelten TK-Erbsen oder eine Kühlkompresse können wahre Wunder wirken. Damit erziele ich nämlich, dass blutzuführende Gefäße sich zusammenziehen und somit weniger, aber immer noch ausreichend, Blut in den Bereich des Gesichts und vor allem den der Nase geführt wird. Die Blutung wird auf diese Art und Weise eingegrenzt bzw. verringert.

Auch ein Gegendruck von außen, also das Zudrücken des entsprechenden Nasenloches, hilft dabei, die Blutung schnell in den Griff zu bekommen. Denn wo durch Gegendruck nichts einfließen kann, können Gerinnungsprozesse besser von statten gehen und Wunden sich somit verschließen.

Etwas komplizierter wird es wenn beide Nasenlöcher bluten – dann müsste man auch beide zudrücken und hat dann darauf zu achten, dass evtl. zurücklaufendes Blut auch wirklich ausgespuckt und nicht heruntergeschluckt wird. Außerdem wird es bei Kindern noch etwas kompliziert Atmung und Ausspucken zu koordinieren, aber nichts was man nicht schaffen könnte und schaffen würde.

Also, in Kurzzusammenfassung: KEINE TAMPONADEN!, Kopf nach vorne beugen lassen, etwas Kaltes in den Nacken, Nasenloch zudrücken und nach Möglichkeit Blut ausspucken lassen.

Spätestens nach 10 Minuten sollte die Blutung dann vorbei sein. Ist das jedoch nicht der Fall, bleibt Ihnen ein Besuch beim HNO-Arzt oder der Klinik nicht erspart, denn dann muss das blutende Gefäß, mit hoher Wahrscheinlichkeit, verödet werden, da eine körpereigene Stillung nicht möglich ist. Scheuen Sie sich nicht in diesem Fall auch den Rettungsdienst hinzuzuziehen, dafür sind wir schließlich auch da und sich mit einem blutenden, evtl. sogar panischen Kind, in ein Fahrzeug zu setzen und selbst loszufahren ist grenzwertig.

Da damit alle blutenden Nasen zukünftig ausreichend versorgt sein dürften, kann ich mich in eine „verdiente“ Sommerpause zurückziehen und wünsche Ihnen allen noch wunderbare sowie erholsame Sommerferien!

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Autor: Slawomir Ernst (Rescuedad) ist verheiratet und Vater von vier Söhnen. Zurzeit ist er als Schulleiter einer Berliner Rettungsdienst-Akademie und Ausbilder in der Breitenausbildung (Bereich Erste Hilfe, Erste Hilfe am Kind und Lebensrettende Sofortmaßnahmen) tätig. Ab und zu trifft man ihn auch noch auf einem Rettungs- oder Krankenwagen.

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