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Der Sonnenstich

Hast Du nen‘ Stich? - Die Tage werden länger, das Wetter wird schöner (auch wenn man es gar nicht glauben mag, das tut es derzeit in Berlin tatsächlich), die Temperaturen steigen und wir bewegen uns spätestens jetzt langsam, aus dem viel zu langen Winterschlaf, mit unseren Kindern auf den Spielplatz. Und dort kann eine oftmals unterschätzte Gefahr lauern, die eigentlich weit von uns entfernt ist, aber, trotz dieser Entfernung, großen Schaden anrichten kann: Die Sonne!

Sonnenstich bei Kindern - Erste Hilfe am Kind

Viele denken dabei an die Möglichkeit eines Sonnenbrandes oder vielleicht sogar einer gänzlichen Überhitzung des Körpers (Hitzschlag), die ich sicherlich in den nächsten Wochen auch ansprechen werde, aber da gibt es eben noch eine andere Schädigung, die man zu gerne aus den Augen verliert: Den Sonnenstich.

Was ist ein Sonnenstich?

Der Sonnenstich ist eine Reizung von Hirnhäuten, die unser Gehirn und Rückenmark schützen, und des Gehirnes selbst. Das passiert durch zu lange Sonnen- und somit Strahlungs- als auch Hitzeeinwirkung.  Allgemein gefasst also ein Hitzeschaden an Kopf und Nacken. Der Rest des Körpers bleibt weitestgehend unberührt, wobei der Sonnenstich auch Begleiterscheinung eines Hitzschlags sein kann – dennoch widme ich mich heute speziell diesem Krankheitsbild.

Die Sonne und die Hitze wirken nun also über Stunden hinweg auf den Kopf ein, woraufhin die angesprochenen Hirnhäute wie auch das Hirn, welches sehr hitzeempfindlich ist, als Reaktion auf die durchgehende Reizung, anfangen, Flüssigkeit einzulagern und dadurch anschwellen. Da es sich um einen fortschreitenden Prozess handelt, können die typischen Anzeichen oft erst Stunden später, meist in den Abend- und Nachtstunden, wenn wir uns wieder zu Hause eingefunden haben, auftreten.

Dann kann es neben dem hochroten Kopf- und Nackenbereich, den man eventuell optisch sogar schon über den Tag wahrnehmen kann zu Fieber, Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen, Übelkeit, Erbrechen, Herzrasen und Bewusstseinseintrübungen bis hin zur Bewusstlosigkeit kommen.

Die Ursache dafür liegt darin, dass der Druck im Gehirn, durch die eingelagerte Flüssigkeit, ansteigt.

Als kleines Beispiel: Wenn ich lange genug Druck auf meinen Kopf ausübe, dann bekomme ich Kopfschmerzen und durch den Schmerz wird mir zunehmend übel, irgendwann erbreche ich vielleicht sogar. Bedenken Sie jetzt kurz wie das jetzt aussehen würde, wenn ich den Druck nicht mehr nur von außen auf den knöchernen Schädel, sondern von innen auf das Hirn selbst ausübe… Keine schöne Vorstellung, oder? Genau das passiert aber durch die Flüssigkeitseinlagerung.

Neben diesen Schmerzen, der Übelkeit und dem Erbrechen, verhindert die eingelagerte Flüssigkeit, dass Sauerstoff aus dem Blutkreislauf, ungehindert wie zuvor, zu den einzelnen Hirnzellen transportiert werden kann. Das Ergebnis ist ein zunehmend eintrübendes Gehirn mit Erscheinungen wie Schwindel, Eintrübung bis hin zur kompletten Bewusstlosigkeit.

Während ich einen Energiemangel (Zucker) mittels eines, nicht näher genannten, Schokoriegels, wieder in den Griff bekomme und mich von der Diva wieder zum guten Kumpel entwickle, ist es beim Sauerstoff nicht so einfach getan. Um das zu bewerkstelligen, beginnt das Herz schneller zu schlagen, um den im Blut befindlichen Sauerstoff so schnell wie möglich zum Gehirn zu transportieren, wo er ja offensichtlich benötigt wird und dadurch entsteht dann das zuvor genannte Herzrasen.

Die geschwollenen Hirnhäute, die auch das Rückenmark umgeben, fangen an, zu all den bestehenden Symptomen, aneinander zu reiben und da sie schmerzempfindlich sind kommt es nun bei jeder noch so kleinen Bewegung, die unsere Wirbelsäule, in der das Rückenmark eingelagert ist, wahrnimmt und auf die Nervenbahnen überträgt, zu zusätzlichen Schmerzen.

In extremen Fällen kann das Hirn so dermaßen überreizt sein, dass es neben der schon allein lebensbedrohlichen Bewusstlosigkeit sogar zu Krampfanfällen und Atemstillständen kommen kann.

Alles in allem also eine schmerzhafte und lebensgefährliche Notfallsituation, in der gehandelt werden sollte und auch muss!

Gibt es spezielle Risikogruppen?

Eigentlich kann es jeden treffen, der sich zu lange in die Sonne begibt und dabei den Kopf- als auch Halsbereich völlig ungeschützt lässt. Vor allem trifft das auf Menschen zu, die bei „Wind und Wetter“ draußen tätig sein müssen, aber eben auch unsere Kleinsten, wenn wir am Strand oder auf dem Spielplatz sind und einmal mehr die Zeit aus den Augen verloren sowie die „Kraft“ der Sonne unterschätzt haben. Ein besonders erhöhtes Risiko haben die, die mit Haupthaar nur spärlich oder gar nicht mehr bedacht wurden. Aber auch Personen mit sehr hellen Haaren sind anfälliger. Das sind vorzugsweise Neugeborene, Säuglinge, Kleinkinder und Menschen bei denen das Kopfhaar sich, im Laufe der Jahre, entschieden hat, dass Sie auch ohne gut genug aussehen würden.

Wenn ich für meinen Aufenthalt die falsche Umgebung gewählt habe, erhöhe ich auch dadurch das Risiko für einen Sonnenstich. Absolut falsch wäre hier der blanke Strand ohne Sonnenschutz, das Freibad mit durchgehendem Aufenthalt im Wasser oder einfach jede freie Fläche ohne Schatten, auf welche die Sonne erbarmungslos „draufknallt“.

Welche Maßnahmen kann ich ergreifen?

Treten die Symptome bereits in der prallen Sonne auf, sollte man sein Kind sofort in den Schatten verbringen und jeglicher weiterer Kontakt zur prallen Sonne ist zu unterlassen. Und nein, es wird nicht in ein paar Minuten schon wieder alles gut sein und das Kind darf dann wieder spielen gehen – Ruhe ist angesagt!

Der Oberkörper sollte erhöht gelagert werden. Am besten in einer sitzenden Position und mit aufgestützten Armen (Atemerleichternde Sitzhaltung). Das hilft besser Luft anzuatmen und umso mehr Luft ich bekomme, umso mehr Sauerstoff steht meinem Körper und somit auch meinem Gehirn zur Verfügung.

Den geröteten, heißen Kopf und Nackenbereich sollte ich mit feuchten und kühlen Tüchern schrittweise abkühlen. Also bitte nicht den Kopf in die mit Eis gefüllte Kühlbox stecken oder stecken lassen.

Etwas Lauwarmes zu trinken kann nicht schaden, um den Wasserhaushalt wieder aufzubessern. Von kühlen Erfrischungen ist eher abzuraten. Diese würden dafür sorgen, dass sich der Körper, zusätzlich zu den bereits bestehenden Krankheitszeichen, anstrengt und dadurch auch noch Wasser verliert, was sich dann wieder negativ auf die Sauerstoffversorgung des Gehirns auswirken könnte.

Bei Bewusstlosigkeit, aber auch schon bei Bewusstseinseintrübung -> stabile Seitenlage!

Nicht zu vergessen, vor allem wenn es Kinder betrifft: Der Notruf! Holen Sie sich professionelle Hilfe, besonders dann wenn Schmerzen und/oder Erbrechen zu stark werden und erst recht wenn ihr Kind nicht mehr voll bei Bewusstsein sein sollte.

Die beste Maßnahme die ich jedoch ergreifen kann ist: Vorbeugen! Man sollte sich nicht allzu lange ungeschützt der Sonneneinwirkung aussetzen, für den Aufenthalt draußen ein schattiges Plätzchen aufsuchen, nicht den ganzen Tag draußen verbringen, sondern nur kurze Zeiten auf dem Spielplatz sein und, last but not least, für eine ausreichende Kopfbedeckung sorgen! Gerade Mützen für Kinder haben meist einen erhöhten Lichtschutzfaktor (von 50; normale Kleidung liegt bei etwa 15), der den Kopf u.a. vor einem Sonnenstich bewahren kann. Und hier sollte ich mit gutem Beispiel vorangehen, ein Vorbild für mein Kind sein und selber eine Mütze aufsetzen.

Und nun heißt es: Sonnentage zusammen mit den Kindern genießen, aber nur in Grenzen und mit Bedacht!

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Autor: Slawomir Ernst (Rescuedad) ist verheiratet und Vater von vier Söhnen. Zurzeit ist er als Schulleiter einer Berliner Rettungsdienst-Akademie und Ausbilder in der Breitenausbildung (Bereich Erste Hilfe, Erste Hilfe am Kind und Lebensrettende Sofortmaßnahmen) tätig. Ab und zu trifft man ihn auch noch auf einem Rettungs- oder Krankenwagen.

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